Mit den ESG (= Environmental, Social, Governance)-Vorschriften der EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) müssen sich in den kommenden Jahren schrittweise immer mehr Unternehmen befassen. In unserer neuen vierteiligen Serie befassen wir uns mit allen Aspekten des Themas.
Erster Teil: Stammdatenmanagement als Basis.
Die CSRD verpflichtet Unternehmen, über ihren Grad an Nachhaltigkeit in den Bereichen Environment (Umweltschutz), Social (soziale Gerechtigkeit) und Governance (Unternehmensführung) öffentlich zu berichten. Um dies nachzuweisen, müssen sie sogenannte Nachhaltigkeitsmetriken offiziell berichten. Wer hier gute Ergebnisse erzielt, gilt als „ESG-konform“ und nachhaltig. Die CSRD wurde dafür mit Indikatoren unterlegt: Durch die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) erhält die EU einheitliche Berichte, die auch vergleichbar sind. Konkret kann damit auch überprüft werden, ob Maßnahmen, die von Unternehmen getroffen werden, wirken.
Wer muss berichten?
Laut CSRD müssen alle großen Börsenunternehmen, Banken und Versicherungsgesellschaften solche ESG-Berichte erstellen, außerdem haftungsbeschränkte Unternehmen, die zwei der folgenden drei Größenmerkmale erfüllen:
- mindestens 250 Beschäftigte im Jahresdurchschnitt
- Bilanzsumme über 20 Millionen €
- Nettoumsatz über 40 Millionen €
Für börsennotierte KMU (Berichtspflicht ab 2026) gelten folgende Grenzen:
- über zehn Beschäftigte
- Bilanzsumme über 350.000 €
- Nettoumsatz über 700.000 €
Jedes Unternehmen, das die o.g. Kriterien erfüllt, sollte sich fragen, ob es auf die Berichtspflicht vorbereitet ist. Die ESRS enthalten viele Metriken, die noch nicht in den Geschäftszahlen erfasst werden. Zudem ist die Anzahl an zu berichtenden Daten umfangreich. Wer sich hier nicht frühzeitig Gedanken macht, dem werden horrende Kosten entstehen, wenn die Daten kurzfristig besorgt werden müssen.
„ESG-Reporting ist keine politische Gängelei. Wer hier ein sauberes Stammdatenmanagement aufgesetzt hat, verfügt über eine gute Datengrundlage die weit mehr als Reportings ermöglicht: Prozessoptimierung, Schwächen erkennen und Maßnahmenfeedback.“
– Tobias Sattler, Senior Consultant bei SIRIUS
Maßnahmen bemessen sich in aller Regel anhand von Zahlen und Daten. Nachhaltigkeitsdaten sind Stammdaten, die regelmäßig erhoben werden müssen. Welche dies im Einzelnen sind, ist abhängig von Firmengröße und Branche; eine generelle Regelung der EU für alle gibt es nicht.
Welche KPIs sind relevant?
Über eine Wesentlichkeitsanalyse können Unternehmen herausfinden, welche Metriken sie berichten müssen (SIRIUS wird dazu perspektivisch Beratungsdienstleistungen anbieten). Hierbei kommt es auf zwei Faktoren an: Welchen Einfluss hat mein Unternehmen auf den KPI (Key Performance Indicator) und welchen Einfluss hat der KPI auf mich. Sobald einer der beiden Faktoren eine Auswirkung hat, muss er berichtet werden. Beispiel: Für den Softwarehersteller ist der KPI zur Wasserverschmutzung weniger relevant und damit nicht berichtenswert. Auf der anderen Seite hat die EU einige Metriken ausgewählt, die immer und von jedem berichtet werden müssen (z.B. Treibhausgasemissionen).
Die den Maßnahmen zugrunde liegenden Zahlen gilt es also aus verschiedensten IT-Systemen zusammenzutragen und zu aggregieren. Man kann nun entweder eine Person abstellen, die permanent damit beschäftigt ist, berichtspflichtige Geschäftsdaten einzusammeln – ein unverhältnismäßiger Aufwand. Viel leichter wäre es, alle Daten per Knopfdruck aus den Systemen zu generieren. Voraussetzung dafür ist ein umfassendes und prozessorientiertes Stammdatenmanagement, bei dem die Daten zentral gespeichert und immer aktuell sind. Dies macht das anschließende Reporting effizienter und spart Kosten, weil sich der Aufwand für Aktualisierung und Einholung von Daten minimiert.
Effizienz steigern über sauberes Stammdatenmanagement
Für die ESG-Kriterien sind KPIs aus den verschiedensten Unternehmensbereichen und damit IT-Systemen heranzuziehen. Stammdatenmanagement muss daher einem ganzheitlichen, interdisziplinären Ansatz folgen und als Querschnittsthema über alle Abteilungen hinweg angegangen werden. Das erst schafft die Transparenz, die für ein den EU-Forderungen genügendes ESG-Reporting erforderlich ist. Über das Reporting hinaus lassen sich mit einem guten Stammdatenmanagement auch Analysen erstellen, indem man – mit Blick auf die ESG-Zertifikate – punktuell seine Performance in den einzelnen Bereichen misst.
Wer hat noch Überblick über die Lieferkette?
Mit den Grundlagen des ESG-Reportings und einem Plädoyer für ein sauberes Stammdatenmanagement als Grundlage befasste sich Teil eins unserer ESG-Reihe. In kommenden Folgen werden wir uns mit dem Reporting als solchem beschäftigen sowie den gesetzlichen Vorgaben zur Lieferkette. Hier nämlich dürften künftig vor allem kleinere Unternehmen ihre Schwierigkeiten haben, alle Anforderungen aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zu genügen.
Abschließend widmen wir uns den sogenannten Sustainability Network Effects: Was bringt (speziell kleineren) Unternehmen das verpflichtende ESG-Reporting über den Pflichtteil des Reportings hinaus? Welche Anstöße in Richtung Innovationsfreudigkeit, Umsatz oder Effizienzsteigerung lassen sich daraus ableiten?
Titelbild: © Shutthiphong Chandaeng & Suebsiri /Getty Images